Karin Rasper – Ein Zimmer für mich allein

(2022–2024)

Denn Wahrheit … diese Punkte markieren die Stelle, wo ich, auf der
Suche nach Wahrheit, die Abzweigung nach Fernham übersah. —Virginia Woolf

Vor fast 100 Jahren, im Jahr 1929, veröffentlichte Virginia Woolf ihren Essay A Room of One’s Own. Das war möglich, weil sie sich von Geburt an in einer privilegierten finanziellen und gesellschaftlichen Stellung befand und zu der Zeit über einen eigenen Verlag verfügte.

Der Text basiert auf zwei Reden, die sie zuvor in englischen Frauen-Colleges gehalten hatte. Ein multiperspektivischer Text, fragmentarisch-essayistisch; ein politisch-provokantes Pamphlet, so poetisch wie polemisch; eine utopische Perspektive auf das Leben von Frauen in der Zukunft eröffnend, die nächstfolgenden 100 Jahre betreffend … die dt. Erstübersetzung erschien 1978.

Dieser ikonischeText bildete den Grundstein für fast alle folgenden Diskurse zur Frage der Emanzipation von Frauen. Er verbindet die politisch-gesellschaftlich-ökonomische Stellung von Frauen in der Geschichte und ihre damals (weitgehend abwesende) Gegenwart in der Literatur mit aktuellen Überlegungen zur ästhetisch-formalen Gestaltung ‚weiblichen Schreibens‘ sowie zu den Voraussetzungen von Kreativität allgemein. Vorausschauend werden hier alle wichtigen Fragen und Probleme verhandelt, die (zum Teil bis heute) virulent sind.

Diskontinuität und Leerstellen prägen nach wie vor die Geschichte von Frauen. Heute ist es für Frauen keine Unmöglichkeit mehr, ein Zimmer für sich allein zu haben, wenngleich es immer noch keine Selbstverständlichkeit darstellt. Auch hier sind noch viele Fragen offen.

Sämtliche Fotografien im Buch sind zwischen 2008 und 2024 entstanden – und zwar, ohne das Haus zu verlassen – in der Wohnung, auf der Terrasse, im Innenhof.

Eine visuell-sprachliche Textur, eine zufällige Begegnung über verschiedene Zeiten hinweg.