Jonas Gottfriedsen – BLEIBE

Nahaufnahme eines Schwarzweißbildes eines älteren Mannes mit ernstem Gesichtsausdruck, grauem Bart und gerunzelter Stirn, der direkt in die Kamera blickt. (KI-generierte Beschreibung)

(2023–2024)


Im Frühjahr 2023 zog mein alter Vater nach mehreren Schlaganfällen und fortschreitender Demenz von Bremen nach Berlin – zurück in die Stadt, in der er in den 1960er Jahren als Stipendiat aus Ghana sein Medizinstudium begann. Seine Rückkehr ist mehr als ein räumlicher Wechsel; sie markiert den Übergang in die letzte Lebensphase – ein Verharren wider das Vergehen. Die kleinen Formate dokumentieren fortlaufend den Alltag im Seniorenheim. Es ist ein Leben, das von Einfachheit und Einsamkeit, aber auch von Resillienz geprägt ist. Die großformatigen Schwarz-Weiß-Porträts konzentrieren sich auf Ausdruck und Blick: Was lässt sich hinein- oder herauslesen? Persönlichkeit, gelebtes Leben, Vorahnung des Unausweichlichen, Würde? Eine atmosphärische Annäherung an alles Unausgesprochene. Die begleitenden Dokumente sind Funde seiner Hinterlassenschaft. Angesichts des aktuellen Diskurses habe ich mich entschlossen, diese in die Präsentation zu integrieren.…

Funda Küçük Ibar – I Was There

Schwarzweißfoto urbaner Straßenkunst: ein abblätterndes Poster mit Figuren an einer Wand und ein Wandgemälde an einem Gebäude, das eine Person zeigt, die mit einem Vogel interagiert. (KI-generierte Beschreibung)

(2024)

In “I was There“ erforscht Funda die verborgenen Erzählungen in städtischen Räumen und hält Momente fest, die oft unbemerkt bleiben. Durch Schwarz-Weiß-Diptychen, in denen architektonische Elemente mit Straßenszenen verschmelzen, wird jede Fotografie zu einer vielschichtigen Komposition, die zwei Realitäten in einem einzigen Bild verschmelzen lässt. Dieses visuelle Zusammenspiel schafft ein Gefühl von An- und Abwesenheit und regt den Betrachter dazu an, über die Beziehung zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, über Erinnerung und den gegenwärtigen Ort nachzudenken.

Der sorgfältige Einsatz von Schatten, Licht und Strukturen lädt den Betrachter auf eine kontemplative Reise ein und enthüllt die subtilen Details, die das Wesen der Stadt offenbaren. Jedes Bild ist ein stilles Bekenntnis zur menschlichen Erfahrung – Momente, die zwar existieren, aber selten wahrgenommen werden.…

Birgit Nitsch – Von Stillstand und Fließen

Abstraktes Bild, das eine felsige Landschaft mit einem warmen, ätherischen Glanz darstellt. Große, scharfe Felsformationen dominieren den Vordergrund, wobei eine neblige Atmosphäre entweder Wasser- oder Luftbewegungen suggeriert. (KI-generierte Beschreibung)

(2015–2018)

Seit jeher sind wir zutiefst emotional mit dem Wasser verbunden – sein Fließen ist unabänderlich, es schafft bestimmte Atmosphären wie Tiefe, Weite, Stille oder Aufruhr.

Das Wasser ist selbst Medium für die Auslösung unserer Gefühle und Gedanken. Der Blick auf die Wasseroberfläche, die Wahrnehmung des Lichtes mit seinen Brechungen, offenbart Stillstand und Bewegung.

Entfernung von der Wirklichkeit, tiefes Empfinden, träumerisches Versinken, aufgelöst im Fließen der eigenen Gefühle treibend und fernen, nebeligen Gedanken nachhängend …

Alles steht still und fließt zugleich.

(Langzeitbelichtung, Zero Lochkamera, 6×9, 2015/2018)

Brigitte Tast – Bei mir

Zwei Frauen stehen dicht beieinander; eine vorne und hält eine Kamera auf einem Stativ. Beide blicken direkt in die Kamera. Der Hintergrund ist schlicht. (KI-generierte Beschreibung)

(1992–2000)

Das Thema meiner Doppelselbstporträt-Serie „Bei mir“ ist das Zeigen mein Ziel, ein Bekenntnis zur eigenen Körperlichkeit, Individualität und Schönheit. Sich vor dem Spiegel aufeinander zuzubewegen, Emotionen zuzulassen und zu gestehen, sich und die gebotenen Möglichkeiten auszuprobieren, ist der Weg dabei.

Für die Aufnahmen traf ich mich mit verschiedenen Frauen, insgesamt etwa sechzig, unterschiedlichen Alters, immer vor einem großen Spiegel in einem Raum mit Tageslicht.

An diesem Platz, meist irritiert durch die plötzliche Konfrontation mit dem gemeinsamen Spiegelbild, dazu noch hervorgehoben durch die leere, weiße Wand als Hintergrund, begannen wir unsere Reise durch Wahrnehmungen, Blicke und Gefühle, um schließlich dorthin zu gelangen, wo sich in uns das Verführerische zeigt, – uns beiden und später den anonymen Foto-Betrachtern.

Um das Zeigen zu unterstreichen, es ganz bewusst werden zu lassen, ist es mir dabei als Fotografin nicht wichtig, immer auch die Auslösende zu sein.…

Wo ist hier? Wann ist jetzt?

Klasse Michalak im Kunstquartier Bethanien

Ausstellung vom 10.3.2023 bis zum 20.03.2023

Ein Innehalten und die Bestimmung des (momentanen) Standpunktes bilden die Voraussetzung für eine klare und selbstbewusste Kommunikation in einer Zeit, in der Bilderfluten und Beliebigkeit allzu schnell herbeigeredet werden und den fruchtbaren Blick auf Ambiguität und Vielfalt verstellen.

Fotografie ist ein Medium, mit der die Gegenwart sowohl als Vergangenes als auch als Zukünftiges visuell näher bestimmt werden kann.

Alle zwei Jahre präsentieren die aktuellen Teilnehmenden der Klasse Michalak die Resultate ihrer aktuellen künstlerischen Arbeit öffentlich. Die Themen sind frei gewählt, die Formen reichen vom Bild im Buch oder an der Wand, über die Installation bis hin zur Performance.

Die Ausstellung war Teil des Monat Der Fotografie off. Sie wurde mit dem Preis der Jury ausgezeichnet.

Andrea Brehme, „Referenz“, 2022

„Referenz“ ist eine Suche nach Spuren von Nutzung. Begonnen im Wald meiner Kindheit als Reverenz an die Erinnerung der Freiheit, die wir dort hatten. Im Laufe von fünf Jahren, 2013–2018, habe ich in etwa zwanzig Waldgebieten in Berlin und Brandenburg fotografiert. Ich bin mit Begriffen wie Fantasie, Spielen, Märchen, Freiheit, aber auch Flucht, Refugium, Krieg und Militär in den Wald gegangen und mit
meinen Bildern wieder herausgekommen. Für mich ist Wald ein Ort der Wandlung.…

Karin Rasper „Echokammer“, 2012 – 2021/2022

Buch, Unikat, Digitaldruck; Leineneinband mit Schutzumschlag (21 × 28 cm).
7 Fotografien, je 30 x45 cm, Inkjet-Druck.

Eine Echokammer ist ein Resonanzraum, in dem etwas widerhallt, sich verdoppelt, überlagert und verzerrt wird, sich abschwächt, schließlich verhallt. In der Erinnerung überlagern sich Bilder, Bilder verschwinden, ebenso wie die erinnerte Vergangenheit selbst.

Zeitlich-historische Abstände begründen eine Unschärferelation, ein beständiges Oszillieren zwischen Erinnern und Vergessen. Erinnerung überschreibt das Erinnerte in einem fortwährenden Prozess der Überformung.

Aufblitzen und Verschwinden von Erinnerungsbildern und die Dynamik von Erinnerungsprozessen: Die Erinnerung prägt und erschafft den ‚Gegenstand‘, den sie erinnert, wobei die Pole von Wissen und Nichtwissen, von Fakten und Vorstellung immer wieder neu und in anderer Weise überblendet werden.
Erinnerungsprozesse verlaufen diskontinuierlich. Für Sekundenbruchteile leuchten Bilder, Worte, Situationen auf, um – fast ‚augenblicklich‘ – wieder zu verschwinden.…

Jürgen Hurst „Dissolving Structures“ (2019/2022)

6 Bilder, Pigment Print Photo Rag auf Polyurethan Hartschaum

Welche Eigenschaften sind für die fotografische Abbildung der Welt konstitutiv? Welches Bild entsteht beim fotografischen Akt und welches beim Betrachten einer Fotografie? Inwieweit ist Fotografie nur ein transparenter Prozess, der eine Durchsicht auf die Welt schafft? Die Fotografie als Medium wirkt stark über die Wahrnehmung des fotografierten Gegenstands, der festgehaltenen Situation. Der Prozess der Fotografie, auch das physische Objekt „Bild“ treten häufig in den Hintergrund. Grund hierfür ist, dass wir die abgebildete Person, den Gegenstand oder die Ansicht schnell mit unserer eigenen Welterfahrung in Verbindung bringen können. Der Fokus unserer Aufmerksamkeit wandert dadurch direkt durch das Bild hindurch zum Gegenstand. Dieser Umstand wird in der Theorie als „Transparenz“ bezeichnet. Die Fotografie wird derart auf einen medialen Kanal zwischen Betrachterinnen und Betrachtern auf der einen Seite und dem Gegenstand der Fotografie auf der anderen reduziert.…

Birgit Nitsch „Stiller Raum“, 2019/2022

Auf ihren Städtereisen entstand Birgit Nitschs Interesse an Kirchenräumen, deren Architekturen, Lichtstimmungen und deren Funktion als Inseln der Stille und Abgeschiedenheit. Zurück in Berlin begann sie eine systematische Untersuchung der vielen verschiedenen Kirchentypen ihrer Heimatstadt. Wie unterscheiden sich Licht- und Raumerfahrung in den Kirchen des Mittelalters, den Dorfkirchen, den Kirchen der Stadterweiterung, der Moderne, des Wiederaufbaus und Sühne bis zu den Neubauten der Gegenwart?…

Anna Homburg „Kriegszeiten“

Vor mehr als einem Jahr ist in meinem Heimatland, der Ukraine, der Krieg offen ausgebrochen.
Schon 2014 hat der Krieg angefangen, jetzt herrscht er im gesamten Land.

Das Bildmaterial ist in der Ukraine, teilweise vor 2014 entstanden. Die Bilder beziehen sich auf Themen wie Beziehungen, Heimat, Familie.

Diese Arbeit ist ein Prozess der Verarbeitung und des Begreifens des Krieges durch den Akt der Zerstörung.…