Birgit Nitsch „Stiller Raum“, 2019/2022

Auf ihren Städtereisen entstand Birgit Nitschs Interesse an Kirchenräumen, deren Architekturen, Lichtstimmungen und deren Funktion als Inseln der Stille und Abgeschiedenheit. Zurück in Berlin begann sie eine systematische Untersuchung der vielen verschiedenen Kirchentypen ihrer Heimatstadt. Wie unterscheiden sich Licht- und Raumerfahrung in den Kirchen des Mittelalters, den Dorfkirchen, den Kirchen der Stadterweiterung, der Moderne, des Wiederaufbaus und Sühne bis zu den Neubauten der Gegenwart?…

Anna Homburg „Kriegszeiten“

Vor mehr als einem Jahr ist in meinem Heimatland, der Ukraine, der Krieg offen ausgebrochen.
Schon 2014 hat der Krieg angefangen, jetzt herrscht er im gesamten Land.

Das Bildmaterial ist in der Ukraine, teilweise vor 2014 entstanden. Die Bilder beziehen sich auf Themen wie Beziehungen, Heimat, Familie.

Diese Arbeit ist ein Prozess der Verarbeitung und des Begreifens des Krieges durch den Akt der Zerstörung.…

Susanne Rehm „Allzeit“, 2019–2020

In abgeschiedenen Räumen, über eine imaginäre Schwelle zu betreten, tauche ich in eine unbekannte Welt ein. Mit der Überwindung der Angst beginnt ein Prozess des Loslassens.

Es gibt keine Grenze, wo eine Durchlässigkeit, eine Transformation, eine Überschreitung sich andeutet. Ich trete ein in eine Atmosphäre, von der ich ergriffen werde, die mich gefangen hält und den Raum und die Dinge um mich herum in einem neuen Licht sehen lässt.

An diesen Orten ist Vergänglichkeit allgegenwärtig. Hier erscheint der Mensch auf verschiedene Weise entkörperlicht, indem Umrisse des Ichs verschwimmen und verschwinden. Bewegung durchdringt Raum und Zeit. Selbst fixiert, als nicht gelebtes Leben, ist die Spanne des Sichtbaren nur eine Frage der Zeit.…

Sebastian Schmidt „Wendemarken“

Kollidieren zwei sich bewegende Körper unterschiedlicher Masse miteinander, so wird der masseärmere Körper meistens durch die Kollision in Bewegungsrichtung des massestärkeren Körpers zurückgestoßen. Hierbei kann vom masseärmeren Kollisionsgegner bereits durch die Kollision eine Spur in Form von Radier- / Druckspur oder Kratzspuren (durch niedergedrückte Masseteile) auf die Fahrbahn gezeichnet werden. Diese Spuren bilden sich dann durch die abrupte Rückwärtsbeschleunigung (Wende) als sogenannte Wendemarken in Haken- oder Hufeisenform aus.…

Rainer Menke „Familien-Bilder“

Übermalungen, Zeichnungen, Performance

Rainer Menke beschäftigt sich seit Jahren – u. a. – mit Bildern der eigenen Herkunftsfamilie. Er sucht nach Bedeutungen, indem er die Bildaussage durch vielfältige Bearbeitungen verstärkt und pointiert und sich mit politischen und zeitgenössischen Hintergründen beschäftigt. Er bezieht in diversen künstlerischen Kooperationen auch fremde Sichten auf die Bilder mit ein. Im Austausch mit dem Künstler Phillip Langer entstehen Zeichnungen und Übermalungen von Fotos oder Fotokopien. In seiner Performance „TALK TO ME!“ spricht Rainer Menke mit Ausstellungsbesuchern über die Bilder seiner Kindheit. Die Hoheit der Bilddeutungen dem geschlossenen Kreis der Familie zu entreißen und in einen echten Dialog einzutreten, ist die besondere Stärke dieser Arbeit.…

Wilhelm Schünemann – Nacht ist der Tag (2018)

Nacht ist der Tag

Klar seh‘ ich erst, wenn sich mein Auge schließt,
Das auf des Tages Bilder gern verzichtet,
Doch wenn in Träumen es dein Bild genießt,
Dann ist es hell in Finsternis gerichtet.

aus William Shakespeares Sonett XLIII

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Sebastian Schmidt – Ich war dabei (2018)

„Ich war dabei“ zeichnet eine Situation, die viele in der heutigen mobilen Berufswelt immer wieder erleben. Auf Geschäftsreise, zwei, vielleicht drei Tage an einem fremden Ort, den man sich nicht selbst ausgesucht hat.

Das Hotel, eine funktionale Unterkunft. Ein Schlafplatz, der den gebräuchlichen Standards entspricht. Das Mobiliar, das ausschließlich bewusststrübende Routinen zwischen Fernseher, Minibar und Badezimmer erlauben, soll einen vor der Fremdartigkeit außerhalb des Zimmers schützen.

Doch es ist eine Welt, die einem ihre Vertrautheit nur vorgaukelt. Man fühlt sich losgelöst, ohne festen Halt. Eine Leere macht sich breit, in der man anfängt alles in Frage zu stellen.

„Ich war dabei“ zeigt Bilder aus der Dämmerung zwischen Geschäftswelt und Einsamkeit in Hotelzimmern zwischen Bremen und Mainz.

Mail: focuseb18@gmail.com
https://focuseb.wordpress.com/

Karin Rasper – Still Life (2015-2017/18)

Die Wahrnehmung von Natur ist hochgradig geprägt von kulturellen Standards. Die Idee von der Schönheit der Natur ist dabei tief im kollektiven Bildgedächtnis verankert. Das Bedürfnis nach Schönheit, das wir in unsere Vorstellung von Natur projizieren, begegnet dort dem Schrecken über ihren gegenwärtigen Zustand. Die Ungewissheit ihres zukünftigen Bestands ist in der aktuellen Diskussion allgegenwärtig.

Im Spannungsfeld zwischen Schönheit und Schrecken hat das Stillleben in der europäischen Kunsttradition die Zerbrechlichkeit und Flüchtigkeit des Lebens thematisiert. Es ist dem Schrecken der Vergänglichkeit durch eine höchst sublime, gleichwohl hochgradig konventionalisierte Form seiner Darstellung begegnet. Dieser Ambivalenz habe ich versucht nachzuspüren, als ich die vielfach bedrohte, aber enorm widerstandsfähige Pflanzenwelt im ägäisch-mediterranen Raum im Detail betrachtet habe. Konventionen haben – nicht nur im Bereich der Bildauffassung – längst ihre Verbindlichkeit verloren und sind brüchig geworden.…