Rainer Menke „Familien-Bilder“

Übermalungen, Zeichnungen, Performance

Rainer Menke beschäftigt sich seit Jahren – u. a. – mit Bildern der eigenen Herkunftsfamilie. Er sucht nach Bedeutungen, indem er die Bildaussage durch vielfältige Bearbeitungen verstärkt und pointiert und sich mit politischen und zeitgenössischen Hintergründen beschäftigt. Er bezieht in diversen künstlerischen Kooperationen auch fremde Sichten auf die Bilder mit ein. Im Austausch mit dem Künstler Phillip Langer entstehen Zeichnungen und Übermalungen von Fotos oder Fotokopien. In seiner Performance „TALK TO ME!“ spricht Rainer Menke mit Ausstellungsbesuchern über die Bilder seiner Kindheit. Die Hoheit der Bilddeutungen dem geschlossenen Kreis der Familie zu entreißen und in einen echten Dialog einzutreten, ist die besondere Stärke dieser Arbeit.…

Lydia Kotzan „Die Heimat wird eine andere sein.“

2021, Tableau: 60 × 40 cm und 27 × 40 cm, Fine Art Print: Hahnemühle Photo Rag

Meinen Großeltern wurde die Ausreise aus Polen nach Deutschland verweigert.

Jahrelang warteten sie in einem Land, in dem sie nicht mehr sein wollten. Eine Schleife aus unzähligen Anträgen, Hoffnung, gepackten Koffern und erneuten Absagen bestimmte acht Jahre ihres Lebens. Erst in den 70er-Jahren gelang ihnen die Ausreise in ein Land, das sie heute ihr Zuhause nennen. Die Sehnsucht nach ihrer alten Heimat klingt noch heute an, wenngleich sie hier angekommen und glücklich sind.

Da ich die bewegende Geschichte bislang eher fragmentarisch erfahren habe, ließ ich mir in ihrem Wohnzimmer genauer und eingehender davon berichten. Die Fotografien zeigen meine persönlichen Assoziationen zu jenen »verzweifelten Jahren«.…

Karin Rasper “Lockdown”, 2020

Buch: Unikat, Digitaldruck; Leineneinband mit Schutzumschlag (21 × 28 cm).
9 Fotografien, je 20 x 20 cm, digitaler C-Print auf Alu-Dibond hinter Acrylglas.

Eine eher indirekte persönliche Reaktion auf die Situation während des Lockdowns in Berlin.
Eine Reflexion über das Innen und Außen, über Wahrnehmung und Vorstellung. Konzentration auf das Nächstliegende, Alltägliche; Kleinigkeiten und Details, die üblicherweise unterhalb der Aufmerksamkeitsschwelle liegen, treten während des allgemeinen Stillstands ins Bewusstsein.
Die Bilder, sämtlich mit dem iPhone spontan aufgenommen, sind im Zeitraum von Mitte März bis Ende Mai 2020 in naher und nächster Umgebung entstanden.…

Karin Rasper „Echokammer“, 2012 – 2021/2022

Buch, Unikat, Digitaldruck; Leineneinband mit Schutzumschlag (21 × 28 cm).
7 Fotografien, je 30 x45 cm, Inkjet-Druck.

Eine Echokammer ist ein Resonanzraum, in dem etwas widerhallt, sich verdoppelt, überlagert und verzerrt wird, sich abschwächt, schließlich verhallt. In der Erinnerung überlagern sich Bilder, Bilder verschwinden, ebenso wie die erinnerte Vergangenheit selbst.

Zeitlich-historische Abstände begründen eine Unschärferelation, ein beständiges Oszillieren zwischen Erinnern und Vergessen. Erinnerung überschreibt das Erinnerte in einem fortwährenden Prozess der Überformung.

Aufblitzen und Verschwinden von Erinnerungsbildern und die Dynamik von Erinnerungsprozessen: Die Erinnerung prägt und erschafft den ‚Gegenstand‘, den sie erinnert, wobei die Pole von Wissen und Nichtwissen, von Fakten und Vorstellung immer wieder neu und in anderer Weise überblendet werden.
Erinnerungsprozesse verlaufen diskontinuierlich. Für Sekundenbruchteile leuchten Bilder, Worte, Situationen auf, um – fast ‚augenblicklich‘ – wieder zu verschwinden.…

Jürgen Hurst „Dissolving Structures“ (2019/2022)

6 Bilder, Pigment Print Photo Rag auf Polyurethan Hartschaum

Welche Eigenschaften sind für die fotografische Abbildung der Welt konstitutiv? Welches Bild entsteht beim fotografischen Akt und welches beim Betrachten einer Fotografie? Inwieweit ist Fotografie nur ein transparenter Prozess, der eine Durchsicht auf die Welt schafft? Die Fotografie als Medium wirkt stark über die Wahrnehmung des fotografierten Gegenstands, der festgehaltenen Situation. Der Prozess der Fotografie, auch das physische Objekt „Bild“ treten häufig in den Hintergrund. Grund hierfür ist, dass wir die abgebildete Person, den Gegenstand oder die Ansicht schnell mit unserer eigenen Welterfahrung in Verbindung bringen können. Der Fokus unserer Aufmerksamkeit wandert dadurch direkt durch das Bild hindurch zum Gegenstand. Dieser Umstand wird in der Theorie als „Transparenz“ bezeichnet. Die Fotografie wird derart auf einen medialen Kanal zwischen Betrachterinnen und Betrachtern auf der einen Seite und dem Gegenstand der Fotografie auf der anderen reduziert.…

Wilhelm Schünemann – Nacht ist der Tag (2018)

Nacht ist der Tag

Klar seh‘ ich erst, wenn sich mein Auge schließt,
Das auf des Tages Bilder gern verzichtet,
Doch wenn in Träumen es dein Bild genießt,
Dann ist es hell in Finsternis gerichtet.

aus William Shakespeares Sonett XLIII

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Sebastian Schmidt – Ich war dabei (2018)

„Ich war dabei“ zeichnet eine Situation, die viele in der heutigen mobilen Berufswelt immer wieder erleben. Auf Geschäftsreise, zwei, vielleicht drei Tage an einem fremden Ort, den man sich nicht selbst ausgesucht hat.

Das Hotel, eine funktionale Unterkunft. Ein Schlafplatz, der den gebräuchlichen Standards entspricht. Das Mobiliar, das ausschließlich bewusststrübende Routinen zwischen Fernseher, Minibar und Badezimmer erlauben, soll einen vor der Fremdartigkeit außerhalb des Zimmers schützen.

Doch es ist eine Welt, die einem ihre Vertrautheit nur vorgaukelt. Man fühlt sich losgelöst, ohne festen Halt. Eine Leere macht sich breit, in der man anfängt alles in Frage zu stellen.

„Ich war dabei“ zeigt Bilder aus der Dämmerung zwischen Geschäftswelt und Einsamkeit in Hotelzimmern zwischen Bremen und Mainz.

Mail: focuseb18@gmail.com
https://focuseb.wordpress.com/

Karin Rasper – Still Life (2015-2017/18)

Die Wahrnehmung von Natur ist hochgradig geprägt von kulturellen Standards. Die Idee von der Schönheit der Natur ist dabei tief im kollektiven Bildgedächtnis verankert. Das Bedürfnis nach Schönheit, das wir in unsere Vorstellung von Natur projizieren, begegnet dort dem Schrecken über ihren gegenwärtigen Zustand. Die Ungewissheit ihres zukünftigen Bestands ist in der aktuellen Diskussion allgegenwärtig.

Im Spannungsfeld zwischen Schönheit und Schrecken hat das Stillleben in der europäischen Kunsttradition die Zerbrechlichkeit und Flüchtigkeit des Lebens thematisiert. Es ist dem Schrecken der Vergänglichkeit durch eine höchst sublime, gleichwohl hochgradig konventionalisierte Form seiner Darstellung begegnet. Dieser Ambivalenz habe ich versucht nachzuspüren, als ich die vielfach bedrohte, aber enorm widerstandsfähige Pflanzenwelt im ägäisch-mediterranen Raum im Detail betrachtet habe. Konventionen haben – nicht nur im Bereich der Bildauffassung – längst ihre Verbindlichkeit verloren und sind brüchig geworden.…