Susanne Rehm „Allzeit“, 2019–2020

In abgeschiedenen Räumen, über eine imaginäre Schwelle zu betreten, tauche ich in eine unbekannte Welt ein. Mit der Überwindung der Angst beginnt ein Prozess des Loslassens.

Es gibt keine Grenze, wo eine Durchlässigkeit, eine Transformation, eine Überschreitung sich andeutet. Ich trete ein in eine Atmosphäre, von der ich ergriffen werde, die mich gefangen hält und den Raum und die Dinge um mich herum in einem neuen Licht sehen lässt.

An diesen Orten ist Vergänglichkeit allgegenwärtig. Hier erscheint der Mensch auf verschiedene Weise entkörperlicht, indem Umrisse des Ichs verschwimmen und verschwinden. Bewegung durchdringt Raum und Zeit. Selbst fixiert, als nicht gelebtes Leben, ist die Spanne des Sichtbaren nur eine Frage der Zeit.…

Birgit Nitsch „Stiller Raum“, 2019/2022

Auf ihren Städtereisen entstand Birgit Nitschs Interesse an Kirchenräumen, deren Architekturen, Lichtstimmungen und deren Funktion als Inseln der Stille und Abgeschiedenheit. Zurück in Berlin begann sie eine systematische Untersuchung der vielen verschiedenen Kirchentypen ihrer Heimatstadt. Wie unterscheiden sich Licht- und Raumerfahrung in den Kirchen des Mittelalters, den Dorfkirchen, den Kirchen der Stadterweiterung, der Moderne, des Wiederaufbaus und Sühne bis zu den Neubauten der Gegenwart?…

Karin Rasper „Echokammer“, 2012 – 2021/2022

Buch, Unikat, Digitaldruck; Leineneinband mit Schutzumschlag (21 × 28 cm).
7 Fotografien, je 30 x45 cm, Inkjet-Druck.

Eine Echokammer ist ein Resonanzraum, in dem etwas widerhallt, sich verdoppelt, überlagert und verzerrt wird, sich abschwächt, schließlich verhallt. In der Erinnerung überlagern sich Bilder, Bilder verschwinden, ebenso wie die erinnerte Vergangenheit selbst.

Zeitlich-historische Abstände begründen eine Unschärferelation, ein beständiges Oszillieren zwischen Erinnern und Vergessen. Erinnerung überschreibt das Erinnerte in einem fortwährenden Prozess der Überformung.

Aufblitzen und Verschwinden von Erinnerungsbildern und die Dynamik von Erinnerungsprozessen: Die Erinnerung prägt und erschafft den ‚Gegenstand‘, den sie erinnert, wobei die Pole von Wissen und Nichtwissen, von Fakten und Vorstellung immer wieder neu und in anderer Weise überblendet werden.
Erinnerungsprozesse verlaufen diskontinuierlich. Für Sekundenbruchteile leuchten Bilder, Worte, Situationen auf, um – fast ‚augenblicklich‘ – wieder zu verschwinden.…

Rainer Menke „Familien-Bilder“

Übermalungen, Zeichnungen, Performance

Rainer Menke beschäftigt sich seit Jahren – u. a. – mit Bildern der eigenen Herkunftsfamilie. Er sucht nach Bedeutungen, indem er die Bildaussage durch vielfältige Bearbeitungen verstärkt und pointiert und sich mit politischen und zeitgenössischen Hintergründen beschäftigt. Er bezieht in diversen künstlerischen Kooperationen auch fremde Sichten auf die Bilder mit ein. Im Austausch mit dem Künstler Phillip Langer entstehen Zeichnungen und Übermalungen von Fotos oder Fotokopien. In seiner Performance „TALK TO ME!“ spricht Rainer Menke mit Ausstellungsbesuchern über die Bilder seiner Kindheit. Die Hoheit der Bilddeutungen dem geschlossenen Kreis der Familie zu entreißen und in einen echten Dialog einzutreten, ist die besondere Stärke dieser Arbeit.…

Lydia Kotzan „Die Heimat wird eine andere sein.“

2021, Tableau: 60 × 40 cm und 27 × 40 cm, Fine Art Print: Hahnemühle Photo Rag

Meinen Großeltern wurde die Ausreise aus Polen nach Deutschland verweigert.

Jahrelang warteten sie in einem Land, in dem sie nicht mehr sein wollten. Eine Schleife aus unzähligen Anträgen, Hoffnung, gepackten Koffern und erneuten Absagen bestimmte acht Jahre ihres Lebens. Erst in den 70er-Jahren gelang ihnen die Ausreise in ein Land, das sie heute ihr Zuhause nennen. Die Sehnsucht nach ihrer alten Heimat klingt noch heute an, wenngleich sie hier angekommen und glücklich sind.

Da ich die bewegende Geschichte bislang eher fragmentarisch erfahren habe, ließ ich mir in ihrem Wohnzimmer genauer und eingehender davon berichten. Die Fotografien zeigen meine persönlichen Assoziationen zu jenen »verzweifelten Jahren«.…

Karin Rasper “Lockdown”, 2020

Buch: Unikat, Digitaldruck; Leineneinband mit Schutzumschlag (21 × 28 cm).
9 Fotografien, je 20 x 20 cm, digitaler C-Print auf Alu-Dibond hinter Acrylglas.

Eine eher indirekte persönliche Reaktion auf die Situation während des Lockdowns in Berlin.
Eine Reflexion über das Innen und Außen, über Wahrnehmung und Vorstellung. Konzentration auf das Nächstliegende, Alltägliche; Kleinigkeiten und Details, die üblicherweise unterhalb der Aufmerksamkeitsschwelle liegen, treten während des allgemeinen Stillstands ins Bewusstsein.
Die Bilder, sämtlich mit dem iPhone spontan aufgenommen, sind im Zeitraum von Mitte März bis Ende Mai 2020 in naher und nächster Umgebung entstanden.…

Anna Homburg „Kriegszeiten“

Vor mehr als einem Jahr ist in meinem Heimatland, der Ukraine, der Krieg offen ausgebrochen.
Schon 2014 hat der Krieg angefangen, jetzt herrscht er im gesamten Land.

Das Bildmaterial ist in der Ukraine, teilweise vor 2014 entstanden. Die Bilder beziehen sich auf Themen wie Beziehungen, Heimat, Familie.

Diese Arbeit ist ein Prozess der Verarbeitung und des Begreifens des Krieges durch den Akt der Zerstörung.…

Jürgen Hurst „Dissolving Structures“ (2019/2022)

6 Bilder, Pigment Print Photo Rag auf Polyurethan Hartschaum

Welche Eigenschaften sind für die fotografische Abbildung der Welt konstitutiv? Welches Bild entsteht beim fotografischen Akt und welches beim Betrachten einer Fotografie? Inwieweit ist Fotografie nur ein transparenter Prozess, der eine Durchsicht auf die Welt schafft? Die Fotografie als Medium wirkt stark über die Wahrnehmung des fotografierten Gegenstands, der festgehaltenen Situation. Der Prozess der Fotografie, auch das physische Objekt „Bild“ treten häufig in den Hintergrund. Grund hierfür ist, dass wir die abgebildete Person, den Gegenstand oder die Ansicht schnell mit unserer eigenen Welterfahrung in Verbindung bringen können. Der Fokus unserer Aufmerksamkeit wandert dadurch direkt durch das Bild hindurch zum Gegenstand. Dieser Umstand wird in der Theorie als „Transparenz“ bezeichnet. Die Fotografie wird derart auf einen medialen Kanal zwischen Betrachterinnen und Betrachtern auf der einen Seite und dem Gegenstand der Fotografie auf der anderen reduziert.…

Sebastian Schmidt „Wendemarken“

Kollidieren zwei sich bewegende Körper unterschiedlicher Masse miteinander, so wird der masseärmere Körper meistens durch die Kollision in Bewegungsrichtung des massestärkeren Körpers zurückgestoßen. Hierbei kann vom masseärmeren Kollisionsgegner bereits durch die Kollision eine Spur in Form von Radier- / Druckspur oder Kratzspuren (durch niedergedrückte Masseteile) auf die Fahrbahn gezeichnet werden. Diese Spuren bilden sich dann durch die abrupte Rückwärtsbeschleunigung (Wende) als sogenannte Wendemarken in Haken- oder Hufeisenform aus.…

Jürgen Hurst – CV

1964 in Karlsruhe geboren. Studium der Physik an der Freien Universität Berlin. IT-Berater und Projektmanager. Fotografische Ausbildung bei Thomas Michalak. Lebt und arbeitet in Berlin.…